Sardinien – wo Epik und Genuss auf Asphalt kollidieren. Ob Hardcore-Pässe, wellige Küstenklassiker oder einsame Geheimtipps: Diese Insel ist das Roadbike-Paradies, das Italien selbst gern geheim halten würde. Wir zeigen, warum Sardinien für Rennradfahrer mehr als nur Sonne und Meer bietet – und verraten die Strecken, die wirklich knallen!
- Perfekte Saison: Frühjahr und Herbst – milde Temperaturen, leere Straßen
- Legendäre Klassiker: Küstenstraße Alghero–Bosa, Gennargentu, Costa Smeralda
- Unentdeckte Perlen: Supramonte, Ogliastra, Monte Limbara
- Kaum Verkehr, griffiger Belag und echtes italienisches Flair
- Massig Höhenmeter – aber auch wellige Genießer-Optionen
- Top-Infrastruktur für Radreisende, aber auch wilde, einsame Ecken
- Unvergleichliche Kulinarik als Belohnung nach der Tour
- Unbedingt: Wind beachten und Wetter checken – Sardinien ist kein Ponyhof
Küstenstraße und Klassiker: Asphaltträume mit Meerblick
Wer Sardinien nur als Badeinsel für deutsche Pauschaltouristen abtut, hat keine Ahnung vom wahren Potenzial dieser Mittelmeerperle. Der absolute Straßen-Mythos ist dabei die SP105 von Alghero nach Bosa. Sie windet sich wie eine italienische Natter an der Steilküste entlang, liefert Panoramen, die selbst Alpenpässe neidisch machen, und serviert Kurven, die jeden Kurbelhelden in den Flow katapultieren. Die Straße ist griffig, der Asphalt meist frisch, der Verkehr minimal – und die Aussicht auf azurblaues Wasser einfach nur absurd gut. Jeder Kilometer ein Postkartenmotiv, und spätestens nach der zwanzigsten Serpentine glaubt man, das Leben verstanden zu haben.
Doch Sardinien hat noch mehr Klassiker im Repertoire. Die Costa Smeralda im Nordosten ist zwar als Spielplatz der Reichen verschrien, doch auf dem Rad erlebt man hier die wilde Schönheit abseits des Jetset-Zirkus. Kleine Bergdörfer, uralte Korkeichen, endlose Mauersegmente und immer wieder Blicke auf türkisfarbene Buchten. Die Straßen sind herausfordernd, oft wellig, mit kurzen, knackigen Anstiegen – genau das Richtige für alle, die keine Lust auf endlose Flachstücke haben. Wer es episch mag, zieht weiter Richtung Süden, wo der Gennargentu-Massiv wartet. Hier gibt’s echte Bergpässe mit über 1.000 Höhenmetern am Stück, einsame Dörfer und wilde Schafherden als Zuschauer.
Die Klassiker auf Sardinien sind keine abgespulten Massenrouten, sondern echte Abenteuer. Selbst auf der berühmten Küstenstraße bist du oft stundenlang der einzige Mensch auf Asphalt. Im Frühjahr und Herbst gehört dir die Insel praktisch allein: milde Temperaturen, blühende Macchia, die Sonne im Gesicht und das Salz auf den Lippen. Wer Landstraße mit Seele sucht, wird hier auf jedem Meter fündig.
Geheimtipps: Supramonte, Ogliastra und der wilde Westen
Jetzt wird’s richtig spannend – Sardinien hat jede Menge versteckte Schätze für alle, die mehr wollen als Instagram-taugliche Küstenstraßen. Der Supramonte im Osten ist ein wilder, zerklüfteter Gebirgszug mit Straßen, die so einsam sind, dass sogar die Wildschweine zweimal hinschauen. Die Tour von Dorgali nach Baunei ist ein epischer Ritt durch Karstlandschaften, vorbei an steil abfallenden Schluchten und uralten Felsformationen. Hier gibt’s Anstiege, die an italienische Klassiker wie den Stelvio erinnern – nur ohne den Verkehr, den Lärm und die Selfie-Stangen an jeder Kehre.
Die Ogliastra-Region ist ein weiteres Paradies für Roadies, die das Unbekannte suchen. Kleine Landstraßen winden sich durch Olivenhaine und Weinberge, vorbei an winzigen Dörfern, wo die Zeit stehengeblieben scheint. Der Belag ist meist in gutem Zustand, aber es empfiehlt sich, immer ein Auge auf lose Steine und Ziegeherden zu haben – Sardinien bleibt eben wild. Besonders reizvoll: die Strecke von Lanusei nach Jerzu über den Passo di Correboi. Hier gibt’s alles, was das Rennradherz begehrt – Serpentinen, satte Höhenmeter und grandiose Ausblicke bis ans Meer.
Und dann der Westen: zwischen Oristano und Bosa finden sich einsame Straßen, die durch Korkeichenwälder und verlassene Dörfer führen. Hier ist Sardinien noch rau und ursprünglich, mit wenig Infrastruktur, aber maximalem Abenteuerfaktor. Wer sich hierher wagt, sollte Ersatzschlauch und Riegel nicht vergessen – Tankstellen und Bars gibt’s nur alle zwanzig Kilometer. Aber dafür: absolute Freiheit, wilde Natur und das Gefühl, wirklich weit weg vom Alltag zu sein.
Herausforderungen: Wetter, Wind & Infrastruktur
Klartext: Sardinien ist wunderschön – aber auch kein Streichelzoo für Sonntagsfahrer. Das Wetter kann im Frühjahr und Herbst schnell umschlagen. Plötzliche Regengüsse, Nebel in den Bergen oder böiger Wind von vorne machen aus einer vermeintlich entspannten Tour schnell eine kernige Herausforderung. Gerade der berüchtigte Mistral bläst nicht selten mit Orkanstärke über die Insel. Wer das unterschätzt, steht schneller im Gegenwind als ihm lieb ist. Deshalb immer Wind- und Wetterbericht checken, passende Klamotten einpacken und lieber eine Schicht mehr als zu wenig mitnehmen.
Die Infrastruktur ist grundsätzlich gut, aber nicht überall flächendeckend. In touristischen Regionen wie Alghero, Olbia oder entlang der Costa Smeralda finden sich Radverleiher, Werkstätten und fahrradfreundliche Unterkünfte. Im wilden Inland oder abgelegenen Bergregionen kann die Versorgungslage dünn werden. Supermärkte, Bars oder Wasserstellen sind oft weit auseinander – wer längere Touren plant, sollte also genug Proviant und Wasser dabeihaben. Ein Ersatzschlauch und ein Multitool sind Pflicht, denn Pannenhilfe per App funktioniert hier nur in den seltensten Fällen.
Besonders positiv: Die Sarden sind entspannt, was Radfahrer angeht. Rücksichtslose Überholmanöver oder dichtes Auffahren gibt’s so gut wie nie. Im Gegenteil: Hupen und freundliches Winken sind fast schon Standard. Trotzdem gilt wie immer: Helm auf, Licht dabei und lieber defensiv fahren – auch wenn die Straßen oft wie leergefegt wirken. Sardinien ist eben authentisch und ehrlich – und genau das macht den Reiz aus.
Genuss, Kulinarik und After-Ride-Glück
Rennradfahren auf Sardinien ist mehr als nur Höhenmeter schrubben – es ist auch die perfekte Ausrede, sich durch die grandiose Inselküche zu arbeiten. Nach einer epischen Tour wartet in jeder Bar ein starker Espresso, in jeder Trattoria ein Teller hausgemachter Malloreddus oder Culurgiones. Die Sarden wissen, wie man isst – und wie man feiert. Wer Glück hat, landet mitten in einem Dorffest und wird mit lokalen Spezialitäten und Cannonau-Wein verwöhnt. Das gehört zum Sardinien-Feeling einfach dazu und ist für viele das wahre Highlight nach einem harten Tag im Sattel.
Die Dörfer entlang der Routen bieten oft überraschend gute Restaurants, in denen Pasta, Fisch und deftige Eintöpfe serviert werden. Am besten immer ein paar Euro in der Trikottasche bereithalten – Kartenzahlung ist auf dem Land eher Glückssache. Und: Wer freundlich fragt (und vielleicht ein paar Brocken Italienisch spricht), bekommt oft Tipps für die besten versteckten Einkehrmöglichkeiten, die in keinem Reiseführer stehen. So wird der After-Ride-Kaffee schnell zum sozialen Erlebnis – und manchmal sogar zur Einladung ins Wohnzimmer der Locals.
Der Genuss endet aber nicht am Esstisch. Die Abende auf Sardinien sind lang, die Luft duftet nach Macchia und das Meer ist nie weit entfernt. Ob Sundowner am Strand, entspannter Spaziergang durch kleine Gassen oder einfach die Beine hochlegen mit Blick auf die Berge – Sardinien liefert das komplette Paket. Wer hier nicht runterkommt, ist selbst schuld.
Fazit: Sardinien – Roadbike-Utopia mit Ecken und Kanten
Sardinien ist kein Ziel für Kilometerfresser, die nur stur geradeaus bolzen wollen. Die Insel ist das Eldorado für Entdecker, für Genussfahrer, Höhenmeter-Liebhaber und Abenteurer auf dünnen Reifen. Hier gibt es keine halben Sachen: fantastische Klassiker mit Meerblick, wilde Bergetappen im Inland, einsame Geheimtipps und eine Küche, die ihresgleichen sucht. Die Straßen sind griffig, der Verkehr überschaubar, die Natur spektakulär – und hinter jeder Kurve wartet ein neues Wow-Erlebnis.
Klar, Sardinien hat auch seine Tücken: Wind, Wetter, Infrastruktur – das alles muss ins Kalkül. Aber genau das macht den Reiz aus. Wer sich vorbereitet, wird belohnt mit leeren Straßen, epischen Ausblicken und einem Gefühl von Freiheit, das im Alpenraum inzwischen selten geworden ist. Für uns bei 11bar ist klar: Sardinien gehört auf jede Bucket List – egal ob ambitionierter Amateur, entspannter Genießer oder alter Hase im Sattel.
Also: Flieger buchen, Bike packen, Abenteuerlust nicht vergessen. Sardinien wartet – und die besten Kilometer deines Radlebens könnten genau hier beginnen.
Pro:
- Sensationelle Küsten- und Bergstraßen mit wenig Verkehr
- Abwechslungsreiche Routen für jedes Niveau – von entspannt bis brutal
- Wilde, authentische Natur und spektakuläre Ausblicke
- Kulinarische Erlebnisse und gastfreundliche Locals
- Bestes Klima im Frühjahr und Herbst, asphaltierte Traumstraßen
- Viele einsame Strecken abseits des Massentourismus
- Gute Anbindung mit Fähre oder Flug – Bike-Transport meist unkompliziert
Contra:
- Starker Wind und Wetterumschwünge möglich – immer vorbereitet sein
- Infrastruktur im Inland teilweise dünn, längere Verpflegungsintervalle
- Belag nicht überall perfekt, gelegentlich Schlaglöcher oder Schotterabschnitte
- Kartenzahlung außerhalb der Städte oft nicht möglich